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Jana Berthold
Beste Entscheidung ihres Lebens. Warum? Und 6 1/2 Fragen dazu:
1. Welche Entscheidung war die Beste, die Du in Deinem Leben getroffen hast? (Und warum?)
Ich habe meine Verhaltensschwäche zu meinem Beruf gemacht.
Jeder Mensch hat unliebsame Verhaltensweisen. Bei mir ist es das Reden in Form von ‚zu viel‘ und ‚zu schnell‘. Seit ich denken kann, ermahnt mich mein Umfeld, doch genutzt hat es wenig.
Heute rede ich immer noch sehr viel und schnell, aber ich habe mich mit mir arrangiert. Ich erkannte neben der – für mein Umfeld – negativen Komponente, dass ich sprachlich einfach gut kann. So habe ich letztes Jahr über Umwege die Sprache zu meinem Beruf gemacht.
Über Umwege meine ich, weil ich keine Moderatorin, Politikerin oder Sängerin geworden bin. Ich konzentriere mich auf die Schriftsprache. Die lebenslange Wortgewandtheit führte mich zum Texten und zur Unternehmenskommunikation und letztlich zu meinem beruflichen Erfolg.
6 1/2 Fragen:
1. Was beeinflusst Deine Entscheidungen?
Meine Emotionen. Ich höre, lese oder sehe eine Information und sofort habe ich ein ‚Ja, das ist richtig‘ oder ‚Nein, auf keinen Fall‘ in mir. Ich musste lernen, diese spontanen Empfindungen nicht immer gleich mitzuteilen und manchen eine Nacht Schlaf zu schenken. Fällt mir heute noch schwer.
2. Wie ist Dein Vorgehen, wenn Du eine schwere Entscheidung zu treffen hast?
Dafür gibt es keinen Masterplan. So viele musste ich in meinem bisherigen Leben noch nicht treffen. Oder ich empfinde Entscheidungen nicht als so schwerwiegend. Durch mein Ja-oder-nein-Gefühl habe ich zu allem und jede*n eine erste Meinung in mir. Das passiert auch bei schweren Entscheidungen. Wahrscheinlich dauert es bei diesen etwas länger, ehe ich vom Denken ins Handeln übergehe.
3. Was haben Entscheidungen aus Deiner Sicht mit der Realität zu tun?
Willkommen in der Philosophie! Entscheidungen formen Realität, wobei es nicht die eine gibt. Ich denke, jeder Mensch hat seine individuelle Wirklichkeit, die durch persönliche und gemeinschaftliche Entscheidungen mit anderen Menschen eine große Schnittmenge erzielen kann, doch mit der Realität weit entfernter Menschen kaum Berührungspunkte kennt. ‚Weit entfernt‘ kann als lokal und ideologisch verstanden werden.
Wenn ich eine Entscheidung treffe, beeinflusst diese meine Realität und je nach Schnittmenge die Realitäten anderer Menschen. Sie entscheiden dann, welchen Impact meine Entscheidung auf ihr Leben haben darf. Ich versuche oft so zu entscheiden, dass der Einfluss meiner Entscheidungen keine Situation von Abhängigkeiten schafft. Ob mir das immer gelingt, ist zu hinterfragen.
4. Welches war Dein Lieblingsmärchen als Du klein warst?
Rumpelstilzchen. Lag an dem Buch: bunte Farben, wenig Text.
5. Was ist aus Deiner Sicht am Wichtigsten: Sicherheit, Autonomie oder Anerkennung?
Da es hier um mich geht: Autonomie. Ich mag Konzepte von Freiheit und Selbstbestimmtheit; auch eigene Meinungen und persönliche Haltungen. Menschen, die „ich finde | denke | meine“ sagen können, haben bei mir schon einen Stein im Brett. Das hat mit meinem Japanologiestudium und meinen Aufenthalten im japanischen Kulturraum zu tun. Zum einen bewundere ich manch fremdkulturelle Konzepte, zum anderen finde ich sie in Teilen beängstigend.
6. Wer ist Dein größtes Vorbild?
Ich wünschte, ich hätte eines. Dann könnte ich mich immer an diesem orientieren. Im Ernst. Ich bin atheistisch erzogen worden. Von Anfang an war mir klar: Du bist für dein Handeln selbst verantwortlich. Wenn ich in einen Misthaufen falle, holen mich meine Familie und Freunde zwar da heraus, aber das Stinken übernimmt niemand für mich. Menschen, die ich für eine bestimmte Entscheidung oder Tat bewundere, gibt es zu hunderten.
1/2 Welche Entscheidung würde die Welt zu einem besseren Ort machen?
Sich selbst nicht als Nabel der Welt betrachten. Könnte jeder Mensch diese Perspektive für sich einnehmen, ginge es allen gut.
Jana Berthold jana-berthold.de